Dienstag, 16. Juni 2015

Der Zahn der Zeit


Eine Uhr in einem kleinen italienischen Bahnhof. So wie sie aussieht, wurde sie bereits vor langer Zeit montiert und hat bestimmt schon viel erlebt. Bahnreisende sind gekommen und abgefahren; wichtige Leute, weniger wichtige und wir Touristen natürlich. Die Uhr zeigt immer noch den Reisenden die Zeit. Auch wenn an ihr der Zahn der Zeit nagt; sie nicht mehr ganz so toll aussieht, hat sie dennoch eine gewisse Schönheit.

Der Zahn der Zeit nagt auch an uns; wir werden nun mal nicht jünger! Unser Aussehen verändert sich. Wir bekommen vielleicht graue Haare oder die Falten werden mehr und tiefer. Unser Meinungsbild und unsere Ansichten wandeln sich, wir werden meistens konservativ. Das Alte und Vergangene wird plötzlich besser als die Gegenwart und die Zukunft! Stimmt das überhaupt?

Der Zahn der Zeit nagt auch an unserem sozialem Umfeld; denen geht es wie uns! Unsere Freunde und Bekannte werden älter, reifer, vielleicht auch gescheiter, wie wir. Manchmal, so sagen wir, werden sie komisch, ein wenig schrullig und bekommen seltsame Ansichten. Unsere Freunde und Bekannte haben nur noch sich selbst und ihr im Leben erreichtes im Blick! Stimmt das überhaupt?

Der Zahn der Zeit nagt auch an unserer Gesellschaft; ihre Strukturen werden eingefahren und starr! Altbewährte Dinge werden zum Dogma und können sich neuen Gegebenheiten nicht mehr anpassen. Fremdes und Fremde werden ausgeschlossen. Die Gesellschaft beschäftigt sich mehr mit der Abwehr von Neuem, Innovativem und Fortschrittlichem als mit deren Integration! Stimmt das überhaupt?

Der Zahn der Zeit nagt auch an unseren Politikern; je länger sie im Amt sind, desto weniger wissen sie von der Bevölkerung! Zu lösende Probleme werden nach hinten geschoben, es könnte ja unbequem für die nächste Wahl werden. Der Blick über den Tellerrand ist verloren gegangen, wichtig sind nur noch Macht und Wählerstimmen! Stimmt das überhaupt?

Der Zahn der Zeit nagt auch an unserer Bequemlichkeit; wir machen uns selbst immer unmündiger! Jede Entscheidung die andere für uns treffen, ist eine gute Entscheidung. Wir werden immer mehr zu Menschen denen alles recht ist, um nur ja nicht selbst eine Meinung vertreten zu müssen; dann müssten wir ja auch Verantwortung tragen! Stimmt das überhaupt?

Manchmal ist es gut, wenn uns die Zeit zeigt, dass sich etwas verändert, verändern muss! Wir müssten nur lernen, Zeit zu verstehen.

Freitag, 5. Juni 2015

Zerrissen

 
Wolken am Himmel; der Wind hat sie zerrissen. Ein schönes, bizarres Bild ist zu sehen, insbesondere deshalb weil die Wolken so nicht bleiben werden. Der Wind und das Wasser in den Wolken werden sie neu formen und irgendwann auflösen. Wolken werden als Symbol in alttestamentarischen Mythen verwendet, werden in Chile zur Trinkwassergewinnung angezapft und sorgen als Regen für unser Leben und das der Tiere und Pflanzen.

Manchmal meinen wir, unser Umfeld, ja wir selbst sind ebenso zerrissen als die Wolken im Foto. Mitmenschen tun Dinge die in unseren Augen Unsinn oder Unmöglich sind. Andere Menschen folgen ihnen auch noch! Wir selbst empfinden blanken Horror davor und sind unsicher wie wir darauf reagieren sollen. Hin und wieder wollen wir alles zerreißen!
Manchmal meinen wir, unsere Politiker wollen uns zerreißen. Ein wichtiger Politiker geht gegen den anderen an oder gegen das eigene Volk. Weitere Parteien und Politiker stoßen dazu! Wir wüssten sogar wie wir darauf reagieren müssen. Unter bestimmten Umständen müssen wir auch etwas zerreißen! 

Manchmal meinen wir, wir werden von Fremden zerrissen. Menschen aus dem Ausland, von fremden Kontinenten wandern bei uns ein. Wir selbst lassen uns von Angst und Hass führen! Fremdes heißt auch Neues. Das Alte zerreißen ist oft sinnvoller als es zu behalten!

Manchmal meinen wir, wir werden von unserer eigenen Ohnmächtigkeit zerrissen. Wir wollen, ja müssen uns gegen etwas wehren. Niemand will oder kann helfen! Auswege aus der Situation sind möglich. Es gibt Zeiten, da muss man seine Ohnmacht zerreißen lernen!

Manchmal meinen wir, die verschiedenen Ansichten der Menschen zerreißen unsere Gesellschaft. Menschen haben gegenläufige Ansichten und wollen sich auf keinen Kompromiss einigen. Niemand rückt von seiner Meinung ab! Vermittlung ist angesagt und immer möglich. Jeder Riss unter Menschen kann geschlossen werden! 

Manchmal meinen wir, eine anstehende Entscheidung wird uns zerreißen. Wir müssen Verantwortung für unsere Entscheidungen tragen. Ohne lebt es sich aber einfacher! Eigenständiges Handeln ist aber notwendig. Eigenständigkeit und Verantwortung zerreißen nicht, sie verbinden!

Wir Menschen leben in unserer Zerrissenheit, manche ganz gut, andere weniger. Es gibt immer Hilfe und Lösungen; wenn es nur die ist, dass wir selbst lernen, die Risse in uns zu schließen.