Freitag, 13. Mai 2016

Lorbeeren ernten

Unser echter Lorbeer auf der Terrasse blüht; schön dass wir das in unseren Breitengraden sehen dürfen. Wir ernten also gerade die Lorbeeren für unsere Pflege und Mühen, die Pflanze betreffend. Vielleicht wollen wir uns weiterhin um die Pflanzen in unserem Garten bemühen, oder sollen wir uns doch auf unseren Lorbeeren ausruhen?
Manchmal kann man den Eindruck gewinnen, wir alle wollen uns nur auf unseren Lorbeeren ausruhen und keine Mühen mehr auf uns nehmen!

Wir leben in einer Zeit in der es dem größten Teil von uns wirtschaftlich gut bis sehr gut geht. Viele können sich Urlaube, Autos und neue Möbel leisten. Einige kaufen sich sogar neue Häuser und Wohnungen. Wir nutzen die Ernte unserer Arbeit und verwenden sie für uns und unsere Lieben. Denken wir dabei aber auch an die, denen es wirtschaftlich nicht so gut geht, oder zu unserem Erfolg beigetragen haben? Ist wirtschaftlicher Erfolg wirklich nur für uns selbst maßgebend, oder sollten davon auch andere profitieren?

Wir leben in einer Demokratie. Wir haben uns das hart erkämpfen müssen und sind vorher eine lange Zeit despotisch und diktatorisch regiert worden. Jetzt fahren wir die Ernte unserer Demokratie ein. Wir sind frei, wir können denken, sagen und tun was wir wollen. Wir können uns dahin bewegen, wohin wir es für richtig halten. Denkverbote erteilen wir dennoch: In zwei Richtungen vielleicht. Die eine schränkt Kritik und Vorsicht ein, die andere Offenheit, Toleranz und Freizügigkeit. Denken wir dabei aber auch daran, dass wir damit Menschen die Freiheit nehmen können? Ist Demokratie nur solange gut, solange wir sie nicht teilen müssen?

Wir leben mitten in einem geschichtlich alten Kontinent. Wir sind eine Kultur unter vielen und doch sind sich alle ähnlich. Das wiederum haben wir verstanden und können mit den Leuten des Nachbarlands etwas anfangen. Eher zumindest als mit denen aus dem Süden oder aus dem Norden. Wenn dann Menschen aus einem anderen Kontinent kommen, werden Ängste, Zweifel und Hass der anderen Kultur ursächlich gerne zugesprochen. Wir werden plötzlich überheblich und setzen uns den Lorbeerkranz der Besseren, der Starken und Sieger auf. Denken wir dabei aber auch daran, dass wir immer schon von anderen Menschen und Kulturen stark beeinflusst wurden? Sind Kultur und Werte so dogmatisch, dass niemand daran rütteln darf?
Wir stecken im Dilemma der Unterwürfigkeiten. Wir unterwerfen uns Meinungen, populistischen Phrasen und demagogischen Leitbildern. Wir saugen markige Sprüche über das was wir tun sollen und was nicht, was richtig und falsch ist, geradezu auf. Wir lassen uns auf unseren Lorbeeren nieder und denken nicht daran, dass nach der Ernte automatisch vor der Ernte ist. Wir lehnen uns zurück und lassen andere für uns denken. Wir denken nicht daran, dass das nicht unsere Meinung sein kann, die wir dann so vehement vertreten sollen. Sind eigenes Denken und Handeln nicht mehr modern, oder sind wir einfach nur zu faul dafür geworden? Stehen wir vielleicht am Scheideweg vom aufgeklärten, selbstständigen Menschen zum phlegmatischen Individuum, dass nur am Materiellen Gefallen findet und mutlos dahin vegetiert?