Montag, 6. Juni 2016

Blüte

 
Eine Wiese zwischen der Alten Pinakothek und der Filmhochschule in München. Viele Kastanien steht auf der Wiese, sie sind gerade in voller Blüte. Man könnte sagen, die Bäume strotzen nur so vor Kraft. Aber leider sind einige krank. Die Blätter haben Rost, die Blühten vergehen schneller als normal. Ein paar der Bäume werden vielleicht sterben. Diejenigen die leben, werden aus den Blüten schöne Kastanien bilden, die vielleicht Tieren als Nahrung dienen können. Dann kommt der Winter und im nächsten Frühjahr beginnt der Kreislauf von Neuem.

Wir meinen oft, wir blühen unser ganzes Leben. Gleich nach der Geburt werden wir von Mama, Papa und von jedem anderen der vorbei kommt, geherzt und geliebt was das Zeug hält. Wir durchleben viele Phasen in denen wir meinen das unser Blühen immer schöner, betörender und anziehender wirkt. Die wenigen weniger tollen Phasen blenden wir einfach aus. Dass auch wir einmal verblühen, wollen wir erst gar nicht wahrhaben. Wir leben in der ewigen Jugend; nur deshalb, weil wir meinen Älterwerden ist schmerzhaft. Dabei birgt das Altern Spannung, Schönheit pur und das Wissen, dass auch leicht welke Blüten immer noch zu sehr vielem fähig sind. Verblühen ist nicht der Tod. Verblühen ist der Anfang von etwas Neuem!

Wir meinen oft, unser Land blüht. Der Wirtschaft geht es bestens, die Arbeitslosenzahlen sinken in den Keller und der Staat freut sich über sprudelnde Steuereinnahmen. Jeder soll an der Blüte teilhaben! Jeder? Einige fallen durch die Maschen unserer Netze. Manche, weil sie nicht teil der Blüten sein können oder wollen. Andere wiederum, weil sie die Blüten nicht sehen. Nur das Negative, das Schlechte an allem wird gesehen, als wäre ein blühendes Land wie Gift. Die Möglichkeit, dass alle etwas von der Blüte haben könnten, will und kann man nicht sehen. Dabei sind Blüten immer ein Kompromiss. Ein Kompromiss zwischen viel Energie, Schönheit und Eleganz!

Wir meinen oft, unser Blühen darf von niemandem gestört werden. Andere, Fremde und Neue dürfen nicht stören. Sie werden als Gefahr definiert, von ihnen wird die Norm verändert. Es besteht die Gefahr, das alte Traditionen und dogmatische Regeln aufweichen. Dass das Alte irgendwann stirbt und nur durch Neues ersetzt werden kann, will man nicht sehen. Entwicklung gilt auch für die Blüte der Zeit. Denn ohne neuen Samen bleibt die Blüte eine Blüte, entwickelt keine Frucht und stirbt ab!