Dienstag, 26. Mai 2015

Fluss - Kanal

Die Singold am Ortsrand eines Nachbardorfes. Ein schönes Flüsschen, viel Wasser, viele Tiere im und einige auf dem Wasser. Der Fluss fließt durch einen Teil des Dorfes und wird zumindest von den direkten Anwohnern ein wenig genutzt. Ein idyllischer Teil unserer Landschaft, könnte man meinen! Aber der Fluss verläuft größten Teils in einem ihm vorgegebenen Flussbett; natürliches fließen wird durch den Menschen ausgeschlossen. Das hat Vorteile, bei einem tief gegrabenen Bett ist die Gefahr von Überschwemmungen geringer. Nachteile, wie geringere biologische Vielfalt nimmt der Mensch in Kauf.

Manchmal befinden wir uns auch in einem Kanal und wollen oder müssen uns leiten lassen. Wenn Partner, Kinder und der Beruf uns leiten, ist das meist schön, angenehm oder lukrativ. Wenn wir durch andere kanalisiert werden, fühlen wir uns oft unangenehm berührt und fremdgesteuert. Ein Ausbruch aus der Situation wird zum Wunschgedanken.
Aber sprechen wir den Gedanken auch immer laut aus?

Es gibt Situationen, da fühlen wir uns kanalisiert und in eine bestimmte Richtung gedrängt, obwohl ein vermeintlicher Umweg die bessere Alternative wäre. Das fließen in anderen Kanälen wäre angesagt. Für die bessere Alternative müsste gekämpft werden.
Haben wir aber immer den Mut dazu?

Scheinbare Freiheit wird durch die Gesellschaft kanalisiert um Chaos ja zu vermeiden. Freiheit wird als eine geregelte, gebahnte, fließende Eigenschaft definiert. Manchmal wollen wir aber keine Regeln befolgen, aus der Bahn ausbrechen und so manchen Fluss stoppen.
Sind wir dann gleich im Chaos, oder ist es erst dann Freiheit?

Durch unsere Vorfahren werden wir in bestimmten Verhaltensmustern kanalisiert. Wir haben die gleichen Werte definiert, unsere politische Ausrichtung ist ähnlich; selbst Vornamen unserer Kinder ähneln denen unserer Vorfahren. Unser Denken lehnt sich an dem unserer Eltern an; wir haben oft auch die gleiche Meinung zu bestimmten Dingen.
Ist der Kanal den Vorfahren für uns gegraben haben deshalb aber ein schlechter, müssen wir weitergraben?

Wenn Politiker abgehoben von ihren Wählern arbeiten und sich nicht mehr als Beauftragte des Volkes sehen, graben sie einen zweiten Kanal. Dort sammeln sich die Menschen, die alles ungefragt hinnehmen, keine eigene Meinung haben, oder einfach zu phlegmatisch sind. Man müsste die Menschen aus dem zweiten Kanal heraus holen und ihn zuschütten.
Ob es wohl genügend Leute gibt, die so einen Kanal zuschütten können und wollen?

Manchmal ist es schön in bestimmte Kanäle gelenkt zu werden. Manchmal ist aber der ein wenig wildere Fluss die interessantere und spannendere Alternative.


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